War ja klar…

… dass ich schon wieder zweifel, ob es sinnvoll ist diesen Blog zu schreiben. Fühlt sich an, als hätte ich nur Matsch in der Birne.

Mein Selbstwertgefühl ist im Keller. Eigentlich wollte ich heute 2 Dinge erledigen: Mir eine Frauenärztin suchen und einen Termin ausmachen. Und meine alte Schule anschreiben, da ich dringend mein Abschlusszeugnis benötige. Finde ich nicht mehr. Und ich brauche es jetzt. Für meinen Rentenantrag. Zeugnis anfordern klingt easy, kann als Angsthäsin aber zur Mammutaufgabe werden. Ich hab’s nicht hingekriegt. Beides nicht. Morgen neuer Versuch.

Der Rentenantrag. Tut meinem Selbstwertgefühl auch nicht gut. „Nur wer etwas leistet, ist ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft.“ Einen Satz den ich so nie unterschreiben würde. Aber der doch ganz tief in meiner Gefühlswelt verankert ist. Ich fühle mich minderwertig. Ständig vergleiche ich mich mit anderen Menschen. Schöner, besser, jünger, produktiver, erfolgreicher, kreativer, gesünder… Die Liste kann man mit beliebig vielen positiv-besetzten Adjektiven fortgeführt werden. Ich weiß, wie sehr diese Vergleiche meine Stimmung und mein Selbstwertgefühl nach unten manövrieren. Und doch tappe ich immer und immer wieder in diese Falle. Okay, Schluss damit, zurück zum Rentenantrag.

Der Rentenantrag war nicht meine Idee. Ich „musste“ ihn stellen. Nach einer heftigen Krise im Frühjahr letzten Jahres war ich beim Jobcenter. Um Hartz4 zu beantragen. Es war nicht das erste Mal in meinem Leben, dass ich das machen musste. Aber diesmal war ich ehrlich. Und habe von meiner Krankheit erzählt. Ich wurde als nicht-arbeitsfähig eingestuft. Vorübergehend. Voraussichtlich länger als 6 Monate. Dadurch ist das Jobcenter nicht mehr für mich zuständig. Sondern die Rentenversicherung. Und/oder das Sozialamt.

Mein Partner und ich sind selbstständig. Oder besser: Wir versuchen eine Selbstständigkeit aufzubauen. Denn immer wenn es in der Vergangenheit aufwärts ging, hab‘ ich’s mit dem Arsch wieder eingerissen. Psychiatrie, Benzoentzug, wieder alles auf Anfang. Und auch mein Partner, der Angsthasenmutmacher, musste erst mal lernen mit meiner Krankheit umzugehen. Also da mein Ausnahmezustand auch Ausnahmezustand für meinen Partner war, hieß eine Krise – und von denen gab es in den letzten Jahren einige – fast immer einen Total-Verdienstausfall. Das hieß auch oft: Hartz4 und/oder am Existensminimum rumkrebsen. Meine Eltern haben uns immer unterstützt. Ohne ihre Hilfe wäre es oft nicht gegangen. Oh Mann, es ist mir echt unangenehm das zu schreiben. (Und das Krasse ist, ich müsste das eigentlich gar nicht machen bzw. schreiben. Zwingt mich ja niemand dazu. Aber ich habe mich selbst zu schonungsloser Ehrlichkeit verpflichtet.)

Irgendwie war/ist das Ganze ein beschissener Teufelskreis. Geldsorgen und Hartz4 sind Gift für mein Selbstwertgefühl. Was dazu geführt hat, dass ich, sobald es mir besser ging, mich kopfüber in die Arbeit gestürzt habe, um den „Ausfall“ zu kompensieren und um mein Selbstwertgefühl wieder aufzupolieren. Was zur Folge hatte, dass ich mich kaum mehr um mich und meine Gesundheit gekümmert habe, was mich wiederum anfällig für die nächste Krise gemacht hat. Immer wieder habe ich die gleiche „Taktik“ angewendet, immer hat sich dich das gleiche Muster abgespielt und immer bin ich damit auf die Fresse gefallen. Das zu erkennen, es mir einzugestehen und nach Handlungsalternativen zu suchen hat jetzt einige Jahre in Anspruch genommen. Nach jeder Krise habe ich mir gedacht: „Das passiert mir nie wieder!“ Und dann ist es doch wieder passiert. Wie hat Albert Einstein angeblich gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Ähm ja…

Mein Angsthasen-Dasein hat’s nicht leichter gemacht. Denn Veränderung ist gruselig. Und ganz ehrlich: Ich muss mich echt zusammenreißen, trotz „Erkenntnis“ nicht wieder dem gleichen Muster zu folgen. Heißt in meinem Fall: Nicht wieder nur an der Selbstständigkeit arbeiten. Sondern in erster Line an mir selbst. Mich mit meiner Krankheit auseinandersetzen, mich um meine Gesundheit kümmern, Therapie machen.

Zum Schluss möchte ich noch festhalten: Nicht alle Menschen mit Borderline-Störung sind so doof wie ich und müssen 10mal gegen die gleiche Wand rennen, um zu checken, dass da eine Wand ist. Und sie vielleicht mal einen anderen Weg ausprobieren sollten. Zudem gehen auch viele Menschen mit psychischer Erkrankung arbeiten und kriegen ihr Leben ansonsten auch ganz gut auf die Reihe.

Ich geh‘ in’s Bett!

Liebe Grüße,
Angsthäsin

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